Mein lieber großer, gelber Geri




Nach einem endlosen Kampf um deinen Fuß und gegen den Eiter hast du zuletzt sehr deutlich gezeigt, dass du am Ende bist und es dir nun reicht. Vierzehn Monate hast du hier verbracht, und ich kann mit Sicherheit sagen, dass es die 14 intensivsten Monate waren, die ich mich jemals um ein Kaninchen gesorgt und gekümmert habe. Am Ende waren es nur vierzehn Monate - aber für dich und mich bedeuteten sie die Welt

Als du hier angekommen bist, kanntest du nur deine einsame Bucht. Selbst dein Stückchen Gewächshaus war dir schon zu groß, der Garten und deine zwei künftigen Mitbewohner haben dich anfangs völlig überfordert. Zitternd wie Espenlaub saßest du da und wusstest überhaupt nicht, was du tun solltest. Langsam hast du dich dann daran gewöhnt, dass die Welt nicht viereckig ist, doch leider fingen damit die Probleme erst an.




Die Vergesellschaftung zeigte, dass du überhaupt nicht richtig laufen konntest. Immer wieder kipptest du einfach hinten zur Seite. Wir mussten abbrechen, aber deine Schwierigkeiten wurden auch mit der Zeit nicht besser - stattdessen bekamst du zusätzlich wunde Läufe und alles wurde nur schlimmer und schlimmer. Inzwischen ist das ein Jahr her und ich erinnere mich gut, wie verzweifelt ich war, als feststand, dass du ein verkrümmtes Schienbein und wenig Gefühl im rechten Fuß hast und deine Läufe ein Problem bleiben werden. Schuhe mochtest du zu allem Überfluss auch nicht tragen und hast alle deine Verbände fleißig in Fetzen aufgelöst. Du warst mein erstes Kaninchen mit Pododermatitis und die Vorstellung, dass es nun zum Alltag gehören würde, mehrmals täglich deine Füße zu versorgen, hat mich wirklich überfordert. Wenn ich gewusst hätte, was mich mit dir erwartet - ich hätte dich damals nicht geholt.

Was für ein Glück für uns beide, dass ich es nicht wusste


Nach und nach haben wir unsere Routinen entwickelt, und schließlich klappte dann auch die VG - in deinem Revier im Gewächshaus warst du endlich mutig genug, dich der Herausforderung zu stellen. Dich zum ersten Mal im Leben mit anderen Kaninchen kuscheln zu sehen, hat dann alle Sorgen wettgemacht






Endlich fingst du nun auch an, den Garten zu genießen. Aber noch immer konntest du nicht gut laufen und deine Füße blieben ein großes Problem.






Dann haben wir endlich herausgefunden, was du brauchst Die regelmäßige Physiotherapie war der Schlüssel zu deinem Glück. Du warst völlig verkrampft und blockiert, dein ganzes Becken stand schief. Nach deiner ersten Massage hob ich dich zu Hause aus der Box - und du warst vollkommen verwandelt Jetzt hat dein Leben so richtig begonnen!










Leider sollte es dabei nicht bleiben. Du fingst an, deine Zehen blutig zu beißen, hast dir zusätzlich irgendwie den äußeren Zeh gebrochen und der hat sich so entzündet, dass er amputiert werden musste. Die OP stecktest du wunderbar weg, doch dann ging die ganze Naht wieder auf. In dem Versuch, alles so ausheilen zu lassen, entwickelte sich eine Knochenhautentzündung, und so begann vor vier Monaten unsere Odyssee. Wir haben alles versucht, und lange ging es dir mit der Entzündung im Fuß noch gut. Am Ende haben wir doch verloren; von einem auf den anderen Tag ist dein Lebensmut verloschen.




Lieber Geri - dass du hier warst, war unser ganz großes Glück. In diesen vierzehn Monaten hast du erlebt, was die Welt zu bieten hat - die Erde und das Gras, den Himmel und die Sonne. Du hast Hitze und Regen erlebt, Wind und Schnee und Frost und was es bedeutet, nicht mehr alleine zu sein. Und ganz nebenbei hast du mir gezeigt, wie sehr es sich lohnt, zu kämpfen, und was ich eigentlich alles leisten kann. Du hast meine Grenzen neu gesetzt, und dafür danke ich dir




Nun ist unser gemeinsames Kapitel zu Ende gegangen. Vor allem aber ist dies das Ende deiner Schmerzen und deiner Last. Also laufe, wie du noch nie gelaufen bist!