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Thema: Wie entstehen Aufgasungen und Magenüberladungen?

  1. #1
    ✧✧✧ Avatar von Simone D.
    Registriert seit: 15.04.2007
    Ort: Im Süden
    Beiträge: 4.022

    Standard Wie entstehen Aufgasungen und Magenüberladungen?

    Hi,

    da einige sich unsicher sind, wie Verdauungsprobleme entstehen können, hier der Versuch einer beispielhaften Erklärung. Ich finde es ein Stück weit beruhigend, wenn man sich solche Phänomene selbst etwas besser erklären kann.

    Für Verdauungsprobleme gibt es viele Ursachen. Viele sind fütterungsbedingt, andere beispielsweise stressbedingt oder haben genetische Ursachen. Wenn der Grund einer Verstopfung oder Aufgasung an der Ernährung liegt, liegt das daran, dass das Futter an irgend einer Stelle nicht richtig weitertransportiert wird (oder kein "Nachschub" kommt) – denn Futter, das sich staut, gärt. Wenn sich im Binddarm Futter staut (oder er "leer" läuft), vermehren sich die dort ansässigen Bakterien und bilden Gärgase – so entstehen Blinddarmaufgasungen.

    Ein mögliches Beispiel, wie eine Magenüberladung entsteht: Wenn wir Menschen Nahrung aufnehmen, wird im Magen alles vermischt. Bei Kaninchen ist das etwas anders – sie haben einen Stopfmagen, das heißt: So wie das Futter gefressen wird, wird es Schicht für Schicht nacheinander im Magen eingelagert. Erst der Wirsing, dann der Löwenzahn, dann das Leckerlie...alles nacheinander "aufeinander gestapelt". Wenn die Magensäure das Futter zu einem Brei verarbeitet hat, öffnet sich der Magenpförtner und lässt das Futter in den Darm. Der Magenpförtner ist sozusagen der "Aufpasser", der darauf achtet, dass der Nahrungsbrei die richtige Konsistenz hat.

    Wenn die Tiere viel Flüssigkeit / Frischfutter aufnehmen, greift die Magensäure super schnell und der Pförtner lässt das Futter schneller weiter. Umgekehrt blockiert Futter, bei dem viel Magensäure gebraucht wird um es durchzumischen den Weitertransport der gesamten Nahrung. Pellets, Cobs, Trockengemüse, Getreide, Trockenobst und manche zusammengeklebten Leckerlie beschäftigen die Magensäure so beispielsweise recht lange, weil der Quellfaktor sehr hoch ist und das Futter kaum Flüssigkeit mit sich bringt. Der Pförtner lässt die Tür zum Darm erst Mal zu, bis das jeweilige Trockenfutter komplett aufgequollen ist. Derweil wird das restliche Futter im Magen auch ja weiterhin verdaut – und je länger das herumliegt, desto mehr entstehen Gärgase. Wenn die "Blockade" vor dem Pförtner hartnäckig ist, kann das von ner Aufgasung bis zur Magenüberladung reichen.

    In so einem Fall hilft neben Medis wie Sab viel Flüssigkeit (z.B. Fencheltee) die durchspült am Ehesten.

    Es gibt noch mehr Beispiele, aber ich mag hier niemanden mit Romanen langweilen .

  2. #2
    Tierärztin aus Leipzig Avatar von Lisa
    Registriert seit: 09.01.2006
    Ort: Leipzig
    Beiträge: 620

    Standard

    Gilt Heu auch als "Trockenfutter", was lange im Magen verbleibt?
    Liebe Grüße von Lisa mit ihren Langohren Linchen, Schoko, Felix, Miss Sophie, Flutsch, Finn, Pumuckl, Merle, Sunny, Schlappi, Pelle-Plüschpo und Frodo sowie den Samtpfoten Walter, Sheela, Gustav, Alfred, Hilde, Norbert, Maui und Kami

  3. #3
    Erfahrener Benutzer Avatar von Meike
    Registriert seit: 04.06.2009
    Ort: Gießen (Hessen)
    Beiträge: 724

    Standard

    Simone, Danke!
    Liebe Grüße von den 8 Pfoten
    In Memory: Chipsy 30.12.09 & Peppels 11.03.10 & Casimir 29.03.10 & Louis 03.08.11 & Bonny 07.03.12 & Whisky 28.07.13 & Caja 26.05.14 & Tulip 30.09.15 & Samson 15.03.18 & Kiwi 09.07.18 & Hündin Linda 18.11.18

  4. #4
    Kuschel-Plüsch-Teilzeit-Küken!!! Avatar von Franziska D.
    Registriert seit: 24.07.2008
    Ort: Gelsenkirchen
    Beiträge: 533

    Standard

    *wie wärs mit anpinnen* *findet das einen tollen und lesenswerten Beitrag, der bestimmt immer mal wieder gelesen werden wird*
    Flupp ging am 4. Mai 2010 über die Regenbogenbrücke und Lissy am 23. Januar 2012 meine kleinen Schätze...immer im Herzen!!!
    Kjell ging am 30. März 2011 über die Regenbogenbrücke. mein kleiner Fratz...immer im Herzen!!! Tapsi ging am 2. Januar 2013 über die Regenbogenbrücke ... meine Süße... immer im Herzen!!!

  5. #5
    ✧✧✧ Avatar von Simone D.
    Registriert seit: 15.04.2007
    Ort: Im Süden
    Beiträge: 4.022

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    Zitat Zitat von Lisa Beitrag anzeigen
    Gilt Heu auch als "Trockenfutter", was lange im Magen verbleibt?
    Ja und nein bzw. nein. Im Vergleich zu Wiese (also dem Frischzustand) ist es länger unterwegs. Im Vergleich zu Heupellets ist es super schnell unterwegs. Das liegt daran, dass neben der Flüssigkeit auch die Struktur des Futters eine wichtige Rolle spielt. Trockene Krümel sind Gift für die Verdauung (weil jene nur schwach bemuskelt ist), blättriges / krautiges kann dagegen gut transportiert werden.

    Im Groben sind 3 Faktoren ausschlaggebend:

    1. Flüssigkeit (lässt die Magensäure greifen, transportiert den Nahrungsbrei weiter, spült bis zum Ende durch)
    2. Quellfaktor (je höher die Quellzeit, desto länger stockt alles)
    3. Die Struktur (grobe, unverdauliche Fasern werden viel schneller heraustransportiert als krümelige Bestandteile)

    Heu wird aufgrund der unverarbeiteten Rohfaser schneller ausgeschieden (bei Heucobs gilt das z.B. nicht, die brauchen ewig, weil die Fasern zu krümelig sind). Heu ist somit auch etwas, das "durchputzt" und das Stocken des Nahrungsbreis mit verhindert. Daher fressen Nins bei sich anbahnenden Verstopfungen gerne grobes Futter wie Heu und Zweige. Zuviel Rohfaser kann allerdings auch zu Verstopfungen führen, wenn der Darm die Menge nicht packt und die Flüssigkeit fehlt (stell' dir ne Toilette mit zuviel Papier drin vor, das verstopft )

  6. #6
    Erfahrener Benutzer Avatar von Leni
    Registriert seit: 28.09.2009
    Ort: Herzogenrath/ bei Aachen
    Beiträge: 1.486

    Standard

    Danke Simone, das war mal wirklich für jedermann verständlich erklärt

    Ich frag mich nur, warum TÄ das einem nicht vernünftig erklären können.
    Liebe Grüße, Gaby
    mit Luca, Bommel, Justus, Fabi & Hund Toby

  7. #7
    Erfahrener Benutzer Avatar von luna05
    Registriert seit: 23.03.2010
    Ort: Berlin
    Beiträge: 852

    Standard

    Zitat Zitat von Leni Beitrag anzeigen
    Danke Simone, das war mal wirklich für jedermann verständlich erklärt

    Ich frag mich nur, warum TÄ das einem nicht vernünftig erklären können.
    Super erklärt, Simone Ich bin auch fürs anpinnen

  8. #8
    Christina Ha.
    Gast

    Standard

    Danke für den sehr, sehr gut verständlichen Beitrag

  9. #9
    Erfahrener Benutzer Avatar von Gloa
    Registriert seit: 10.12.2010
    Ort: NRW
    Beiträge: 271

    Standard

    Zitat Zitat von Leni Beitrag anzeigen
    Ich frag mich nur, warum TÄ das einem nicht vernünftig erklären können.
    Weil das TÄ nicht beigebracht wird und die meisten es selbst nicht wissen, würd ich mal schätzen...? Heimtiere sind nunmal leider ein absolutes Randthema im Studium. Wenn man da kein persönliches Interesse hat und sich selbst nicht informiert, weiß man solche Zusammenhänge nicht.

  10. #10
    Streber-Tussi mit Charme Avatar von Taty
    Registriert seit: 26.09.2005
    Ort: Filderstadt
    Beiträge: 3.976

    Standard

    Dem Wunsch es anzupinnen, komme ich gerne nach
    Toll erklärt Simone
    Liebe Grüße

    Taty

  11. #11
    Benutzer
    Registriert seit: 11.02.2011
    Ort: Bayern/Oberpfalz
    Beiträge: 88

    Standard

    Vielen Dank für die verständliche Erklärung

    Aufgasung ist so ziemlich das wovor ich die größte Angst habe durch meiner Unerfahrenheit.

  12. #12
    Flöcki for President! :) Avatar von Fisch
    Registriert seit: 06.07.2006
    Ort: bei FFM
    Beiträge: 1.256

    Standard

    Interessant! Woher beziehst Du diese Infos, Simone?

    Zitat Zitat von Leni Beitrag anzeigen
    Ich frag mich nur, warum TÄ das einem nicht vernünftig erklären können.
    Das steht ja nicht mal in den Leitsymptomen, dort steht nur, dass es unterschiedliche Ursachen haben kann, soweit ich mich erinnere.

  13. #13
    Aktive / Hotline // Kaninchenlos Avatar von Heike P
    Registriert seit: 17.11.2004
    Ort: Elmshorn
    Beiträge: 1.406

    Standard

    Super Beitrag
    Wir werden euch nie vergessen: Peanut, Kiki, Fritz, Mäxchen, Flocke, Susi, Charly, Maxi, Knolle, Brownie, Emily, Harlekin, Angelo und Cher. Grüße von Joleen und Garfield

  14. #14
    ✧✧✧ Avatar von Simone D.
    Registriert seit: 15.04.2007
    Ort: Im Süden
    Beiträge: 4.022

    Standard

    Super, danke

    Zitat Zitat von Fisch Beitrag anzeigen
    Interessant! Woher beziehst Du diese Infos, Simone?
    Ich bin Teil eines Teams, das sich seit Mitte letzten Jahres anhand von Fachliteratur, Studien und Erfahrungsberichten mit der Thematik beschäftigt. Wir dröseln u.a. gemeinsam auf, wie der Verdauungstrakt im Detail genau funktioniert. Das "Textbook of Rabbit Medicine" von Frances Harcourt-Brown finde ich noch nen Ticken besser, als die Leitsymptome (die ja auch total super sind). Dort sind einige Problematiken m.E. noch besser erklärt.
    Geändert von Simone D. (12.03.2011 um 18:27 Uhr)

  15. #15
    Flöcki for President! :) Avatar von Fisch
    Registriert seit: 06.07.2006
    Ort: bei FFM
    Beiträge: 1.256

    Standard

    Ah, vielen Dank!

  16. #16
    A heart full of memories Avatar von Nicole B.
    Registriert seit: 18.11.2008
    Ort: Münster
    Beiträge: 4.044

    Standard

    Zitat Zitat von Simone H. Beitrag anzeigen
    Super, danke



    Ich bin Teil eines Teams, das sich seit Mitte letzten Jahres anhand von Fachliteratur, Studien und Erfahrungsberichten mit der Thematik beschäftigt. Wir dröseln u.a. gemeinsam auf, wie der Verdauungstrakt im Detail genau funktioniert. Das "Textbook of Rabbit Medicine" von Frances Harcourt-Brown finde ich noch nen Ticken besser, als die Leitsymptome (die ja auch total super sind). Dort sind einige Problematiken m.E. noch besser erklärt.
    Vor allem wird dort über Seiten die gesamte Verdauung des Kaninchens dargestellt.
    2013 was practice - 2014 was warm-up - 2015 is game time
    Lächeln und winken

  17. #17
    A heart full of memories Avatar von Nicole B.
    Registriert seit: 18.11.2008
    Ort: Münster
    Beiträge: 4.044

    Standard

    Ich sag mal so: Wir werden es irgendwie unter die Leute bringen. Ob hier oder in einem anderen Thread wird sich dann zeigen
    2013 was practice - 2014 was warm-up - 2015 is game time
    Lächeln und winken

  18. #18
    *daheim*
    Registriert seit: 13.02.2010
    Ort: Isenstedt
    Beiträge: 1.202

    Standard

    Danke, Simone, für die sehr verständliche Erklärung.
    Ich wäre für weitere Beispiele dankbar.
    Liebe Grüße,
    Melanie

  19. #19
    ✧✧✧ Avatar von Simone D.
    Registriert seit: 15.04.2007
    Ort: Im Süden
    Beiträge: 4.022

    Standard

    Gerne

    Viele Verdauungsprobleme erklären kann man sich auch, wenn man sich das Thema "Struktur" näher anschaut. Kaninchen haben nämlich eine ganz besondere Art, Futter im Darm zu trennen – und wenn hier ein Ungleichgewicht entsteht (z.B. durch zu einseitige Ernährung), kommt es zu Aufgasungen.

    Das funktioniert so: Futter wird im Darm aufgeteilt in "feine Partikel" und "grobe Partikel". "Feines" darf in den Blinddarm und wird dort von Mikroorganismen verwertet. Grobes und Unverdauliches wird daran vorbeigeschleust und ziemlich schnell ausgeschieden. Die groben Fasern (Rohfaser) "putzen" den Darm sozusagen mit durch, weil das Kaninchen sie nicht richtig verwerten kann und den "unnützen" Ballast möglichst schnell loswerden will. Wenn jetzt ein Ungleichgewicht entsteht – das Kaninchen also zuviel "Grobes" oder zuviel "Feines" frisst, lagert das Futter in einem Bereich zu lange, weil kein Nachschub von der selben Struktur kommt. Und wenn wo etwas stockt oder nichts nachkommt, gärt's. Bei einer reinen Heudiät kann es beispielsweise passieren, dass der Blinddarm aufgast, weil Heu viele grobe und weniger feine Partikel enthält. Bei einer reinen Breifütterung kann es sein, dass das Futter im Darm zu lange unterwegs ist, weil es an "Grobem" fehlt.

    Mit eine Rolle spielt auch, ob und wie die Fasern des Futters weiterverarbeitet wurden und – ganz wichtig – ob das Futter getrocknet oder frisch ist, denn das beste "Transportmittel" ist Wasser, das durchspült. Kaninchen in freier Wildbahn nehmen relativ wenig Rohfaser zu sich, aber dafür viel Flüssigkeit. Wenn die Fasern beschädigt wurden (z.B. Pressprodukte) oder zu "fein/mehlig" sind und dazu noch trocken (also wenig Flüssigkeit da ist, die durchspült), braucht der schwach bemuskelte Darm relativ lange, bis er das heraustransportiert hat. Je länger Futter unterwegs ist, desto eher gärt oder verstopft es.

    Anm: Wenn das Kaninchen eine Aufgasung hat und man auf dem Röntgenbild sieht, wo sie sitzt, weiß man, welches Futter die Gase mit den Medis am Besten heraustransportiert. Wenn einem bei einer Blinddarmaufgasung (ohne Verstopfung) zu einer Heudiät geraten werden würde, wäre das z.B. kontraproduktiv.
    Geändert von Katharina (03.07.2011 um 17:27 Uhr) Grund: auf Wunsch

  20. #20

    Standard

    Also ist das keine gute Idee von Kimba, wenn er mal wieder eine Darmverstopfung wegen seiner Haare hat und dadurch eine Blinddarmaufgasung, dass er dann nur Getrocknetes (Blätter und Kräuter) fressen will?
    Grüße
    Ariane mit


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